Rechtsanwalt Medizinrecht Leipzig

Gemeinsame Bedarfsplanung für Chirurgen und Orthopäden

Beschluss des G-BA zur Änderung der Bedarfsplanung wurde vom BMG gebilligt und kann nun in Kraft treten.

Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat mit Beschluss vom 20.09.2018 die Bedarfsplanungsrichtlinie an einer entscheidenden Stelle geändert: Nunmehr sollen die Facharztgruppen der Chirurgen und Orthopäden gemeinsam geplant werden. Damit wird im Bereich der Bedarfsplanung die Zusammenlegung der Fächer in den Weiterbildungsordnungen nachvollzogen.

Wie jetzt bekannt wurde, hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den entsprechenden Beschluss des G-BA mit Schreiben vom 26.11.2018 gebilligt, sodass dieser in Kürze in Kraft treten kann.

Hintergrund:

Mit der Reform der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 wurden die bis dahin getrennten ärztlichen Fachgebiete Orthopädie und Chirurgie im neuen Gebiet Chirurgie zusammengefasst. Aus dem bisherigen Facharzt für Orthopädie und dem bisherigen Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie wurde der „neuen“ Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie.

Diese tiefgreifende Änderung wurde in der Bedarfsplanung jedoch lange Jahre nicht nachvollzogen, sodass die getrennte Beplanung in verschiedenen Arztgruppen beibehalten wurde. Der „neue“ Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie wurde bedarfsplanungsrechtlich der Arztgruppe der Orthopäden zugerechnet. Im Laufe der Zeit wurden aufgrund der neuen Weiterbildungsordnung keine „alten“ Chirurgen mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie mehr ausgebildet, die für eine Praxisfortführung in der ambulanten Versorgung in Frage kamen. Dies führt in der Praxis zu Problemen bei der Nachbesetzung von chirurgischen Arztsitzen. Auch bei der Suche nach Ärzten, die als Angestellte in einer solchen Praxis mitarbeiten könnten (und ggfls. die Praxis mittel- bis langfristig übernehmen sollen) stehen die (unfall)chirurgischen Praxisinhaber vor Problemen, die erforderlichen Genehmigungen zu erhalten.

Lösung: Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie

Durch die Zusammenlegung der Arztgruppen der Chirurgen und der Orthopäden wird die Kongruenz zwischen dem Weiterbildungsrecht und dem Bedarfsplanungsrecht wieder hergestellt. Die vom BDC geforderte weitere Differenzierung bei der Bedarfsplanung wurde hingegen nicht umgesetzt. Der BDC hatte empfohlen, nur noch die „grundversorgenden“ Allgemein- und Viszeralchirurgen der „Allgemeinen Fachärztliche Versorgung“ zuzurechnen und damit auf Alndkreisebene kleinteilig zu beplanen, während die sechs „spezialisierten“ chirurgischen Fächer nach diesem Vorschlag der „Spezialisierten Fachärztlichen Versorgung“ zugeordnet und damit auf Ebene der Raumordnungsregionen beplant werden sollten.

Durch die aktuelle Regelung ist es nunmehr also grundsätzlich möglich, z.B. einen „chirurgisch-proktologischen“ Sitz durch einen (alten) Facharzt für Orthopädie nachzubesetzen. Fachärzte für Chirurgie oder Orthopädie, die als Vertragsärzte an der Versorgung teilnehmen und solche, die beabsichtigen, eine vertragsärztlichen Tätigkeit aufzunehmen, sollten ein besonderes Augenmerk auf diese Problematik legen. Es ist davon auszugehen, dass die Zulassungsgremien sich bemühen werden, durch das Instrument der „beruflichen Eignung“ bei der Bewerberauswahl eine kongruente Nachbesetzung zu erreichen. Dieser Weg ist erfahrungsgemäß aber besonders häufig Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen.

Außerdem wird es durch die Zusammenlegung der beiden Arztgruppen zu einer Neuberechnung der Verhältniszahlen und damit – je nach Region – zu einer Änderung des Versorgungsgrades kommen; mit der Konsequenz, dass einige bisher gesperrte Regionen entsperrt werden und vice versa. Hier sollten interessierte Ärzte frühzeitig Kontakt zu ihrer KV aufnehmen, um auf die lokale Entwicklung frühzeitig reagieren zu können.

Ob weitere Nachjustierungen in der Bedarfsplanung nötig sind, soll im Rahmen einer ebenfalls angeordneten Evaluierung nach vier Jahren entschieden werden – ein Instrument, dass sich mittlerweile zum Standardrepertoire des (kleinen) Gesetzgebers im Gesundheitswesen entwickelt hat.

Leipzig, den 07.12.2018

Rechtsanwalt Torsten Nölling

Fachanwalt für Medizinrecht