„Elternzeit“ bei Vertragsärzten
Das Elternzeitgesetz (BEEG) gilt nicht bei Selbständigen. Damit auch Vertragsärzte sich um die Erziehung der eigenen Kinder persönlich kümmern können, gibt es besondere Regelungen im Vertragsarztrecht.
Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann gem. § 32 Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) ein Vertragsarzt einen Vertreter oder Assistenten während Zeiten der Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten beschäftigen, wobei dieser Zeitraum nicht zusammenhängend genommen werden muss. Die Kassenärztliche Vereinigung hat die Anträge vorher zu genehmigen. Sind die Voraussetzungen des § 32 Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 Ärzte-ZV erfüllt und der Vertragsarzt hat einen Anspruch auf eine Genehmigung eines Entlastungsassistenten, dann steht der Kassenärztlichen Vereinigung keine Bewertung der Situation zu. Die Prüfpflicht der Kassenärztlichen Vereinigung erstreckt sich nicht auf die familiäre Situation des Vertragsarztes. Es ist allein der Wunsch des Vertragsarztes entscheidend. Damit kommt es auch nicht darauf an, ob die Entlastung notwendig oder auf eine andere Art und Weise gewährleistet werden könnte.
Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14.07.2022
Das Bundessozialgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 14.07.2021 (B 6 KA 15/20 R) mit der Frage der Altersgrenze des Kindes und der Dauer der Beschäftigung eines Assistenten beschäftigt.
Alter des Kindes
Ein Vertragsarzt darf einen Vertreter oder Entlastungsassistenten einsetzen, wenn er ein Kind erzieht, welches das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Der Regelung ist keine ausdrückliche Altersbeschränkung der Kinder zu entnehmen. Jedoch ist die Altersgrenze die Volljährigkeit des Kindes. Mit dieser endet das Erziehungsrecht der Eltern.
Als Kind wird der unmittelbare Nachkomme verstanden. Damit geht es hier um die Zuordnung und das Verhältnis des Kindes zu dem Vertragsarzt. Folglich sind auch Adoptivkinder von der Vorschrift erfasst, da sie die gleiche rechtliche Stellung, wie die leiblichen Kinder erhalten, § 1754 BGB.
Es ist auch nicht erforderliche, dass das Kind mit dem Elternteil zusammenleben muss.
Dauer der Vertretung oder Entlastungsassistenz
Der Vertragsarzt hat einen Anspruch auf Vertretung oder Entlassungsassistenz für jedes Kind für die Dauer von 36 Monaten. Dabei werden die Zeiten der gemeinsamen Erziehung jedem der Kinder zugerechnet und sind nicht übertragbar.
Die Beschäftigung eines Vertretungsassistenten darf keine Dauerlösung sein. Es darf sich nur um einen vorübergehenden, nicht um einen unabsehbaren oder auf Dauer angelegten Zeitraum handeln. Die Vorschrift nennt einen Zeitraum von 36 Monaten. Dieser Zeitraum kann in von der Kassenärztlichen Vereinigung noch verlängert werden, § 32 Absatz 2 Satz 4 Ärzte-ZV.
32 Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 Ärzte-ZV macht keine Vorgaben, wie die 36 Monate aufzuteilen sind. Dies soll den Eltern überlassen werden.
Der Anspruch auf einen Vertretungsassistenten besteht schließlich für jedes Kind erneut. Jedoch können die Monate, in denen die Kinder zusammen erzogen werden, nicht übertragen werden. Für die Zeiträume, in denen sich die Kindererziehung überschneidet, besteht der Anspruch zudem nur einmal. Eine Aneinanderreihung ist damit ausgeschlossen.
Leipzig, im November 2022